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Auf Tanna

Der Mount Yasur ist ein aktiver Vulkan, der auf einer der südlichsten Inseln Vanuatus vor sich hin brodelt. Das war für uns Grund genug, die Reise nach Tanna auf uns zu nehmen. Da man nur mit dem Flugzeug dorthin kommt, haben wir uns von Pele-Island wieder auf den Weg nach Port Vila gemacht und uns von unserem einsamen Inselparadies verabschiedet. Charlie brachte uns mit dem Boot rüber nach Efate und von dort aus ging es mit dem Bus zum Flughafen. An unserem Abreisemorgen sah es kurzzeitig etwas schwarz am Himmel aus und de facto hörte es erst kurz vor unserer Abfahrt auf zu regnen. Die Sonne kam raus und bescherte uns einen wunderschönen letzten Blick auf unser kleines Hüttchen am Strand.

Der Flug nach Tanna war sehr kurz und unspektakulär. Nach knapp 40 Minuten hatten wir unser Ziel erreicht, alles in allem waren wir nur knapp 2 Stunden unterwegs. Der Flughafen Tannas war allerdings absolut spektakulär! Seht selbst, ist er nicht süß?!

Unser Vermieter Mike wartete schon auf uns und bescherte uns mit seinem 4x4 eine Inselüberfahrt, die nicht nur der Natur wegen spektakulär war, sondern auch von seinen Erzählungen gefüllt wurde. Der Flughafen liegt im Westen von Tanna und wir mussten einmal rüber in den Osten. Die beiden Inselseiten trennt ein liebliches Gebirge, welches auch auch das Bild der Insel teilt. Der Osten ist geradezu mystisch. Man hat das Gefühl, dass die Bäume leben und einen unwirklichen Geist versprühen. Manche sehen aus wie eingefrorene Riesen und andere wachsen in die Breite und sind von Ranken gesäumt. Überall ragen gigantische Banyan Trees empor, noch größer und gigantischer als alles, was wir vorher gesehen haben. Der größte Banyan in Tanna hat eine Spannbreite des Stammes in Größe eines Fußballfeldes! Die Ostseite Tannas ist voller Farne und alles ist so grün! Auf diesem Teil der Insel wächst alles mögliche, man braucht eigentlich kaum etwas zu kultivieren. Der Boden ist fruchtbar und spendet seinen Bewohnern alles was sie brauchen. Hier und da sieht man angelegte Gärten oder Palmenfelder. An den Straßenrändern tauchen immer wieder kleine Märkte auf, an denen wir auch mehrfach anhalten, weil wir uns mit Nahrung eindecken müssen. Auf unserem Teil der Insel wächst aufgrund des Vulkans nämlich gar nichts, abgesehen von Bananen. Die Böden sind voller Asche und die Landschaft ändert sich schlagartig wenn man den letzten höheren Pass des Gebirges passiert hat. Asche löst die Asphaltwege und Matschpisten ab. Die Straßen haben im Laufe der Zeit in den Aschefeldern Form angenommen und die Gegend, in die wir jetzt fuhren, war vollkommen unwirklich. Das Grün-Grau-Spiel der Landschaft kennen wir ja schon von den Kanaren, aber in der Form eben überhaupt nicht. Zum Teil fahren wir durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Als Yasur sich im Jahr 2000 nochmal ausgetobt hat, ist der Fluss hier ausgetrocknet. Die recht frischen Lavaebenen zeugen von dem Ereignis.

Die Aktivität des Vulkans wird auf einer Skala von 1 bis 4 gemessen.

Während unseres Aufenthalts war Yasur auf dem zweiten Level der Skala, auf dem er sich aber eigentlich fast immer befindet. Sobald seine Aktivität das dritte Level erreicht (was sehr selten vorkommt), wird der Aufstieg auf den Vulkan verboten. Yasur ist schon seit hunderten Jahren in diesem Zustand. Er gehört zu der sterbenden Sorte von Vulkanen, die an ihrem Lebensende ewig vor sich hinköcheln können, bevor sie irgendwann erlöschen. Schon James Cook wurde auf seiner Reise vom Leuchten des Vulkans nach Tanna gelotst. Seitdem hat sich also nicht so viel verändert und wie Cook und tausend andere Menschen hat auch uns der Vulkan magisch angezogen. Als wir dann zum ersten Mal vor ihm standen und sein Brummen hörten (und auch spürten) waren wir gänzlich in seinen Bann gezogen. Schlagartig versteht man, wieso Hephaistos oder Vulcanos mit seinem Schmiedehandwerk unter die Erde versetzt wurde. Nicht nur weil die Glut sicherlich Idealtemperatur hat, sondern weil es sich genau so anhört! Als ob da unten die mega Werkstatt verborgen liegt. Oder als ob gigantische Ikearegale zusammengeknallt werden. Suchts euch aus ;)

Dass Yasur auch von den Menschen auf Tanna über die Jahrhunderte als höchster Gott verehrt wurde, liegt folglich ziemlich nahe. Yasur bietet einen Orientierungspunkt. Wir wurden schon ein paar Mal gefragt, ob es nicht irgendwie gruselig ist mit so einem Vulkan in der Nachbarschaft, oder ob wir während unseres Aufenthaltes dort Angst hatten. Nein! Es war beruhigend. Ein Pulsschlag der das Leben der gesamten Insel bestimmt und seit jeher bestimmt hat. Von unserem Bungalow aus hatten wir durchs Fenster den direkten Blick auf den Vulkan und nachts konnte man den glühenden Nebeldunst über dem Berg aus dem Bett heraus beobachten.

Neben dem Vulkan besteht Tanna vor allem aus Dschungel. Unsere Bungalows lagen auf einem kleinen Hügel, von dem aus man herrliche Spaziergänge und Wanderungen unternehmen konnte. Aufgrund von Pfaden wurde einem der Wald nicht zum Verhängnis und dank Yasur konnte man die Orientierung nicht verlieren. Selbst ich habe mich kein einziges Mal verirrt! Und das obwohl meine kleine Schwester mir neulich offenbarte, dass sie glaubt, ich mich wohl verlaufen hätte in dem Moment, in dem der liebe Gott den Menschen den Orientierungssinn gegeben hätte! Thank you Yasur!

Der kleine aber außerordentlich ausdauernde Hund von Mike hat uns auf unseren Ausflügen regelmäßig begleitet und ging dabei manchmal auch ein wenig zu weit. Selbst auf dem Vulkan war er dabei, den ganzen Weg den wir gefahren wurden rannte er im Affenzahn hinter dem Auto her. Wir haben nicht so richtig rausfinden können wie man ihn los werden kann und sind immer noch ziemlich erleichtert dass er uns nicht in den Krater gestürzt ist.


Achja. Von allen Inseln, die wir gesehen haben, ist Tanna wohl noch am unberührtesten von der Zivilisation. Hier ist alles rauher, alleine des Wetters wegen. Solarenergie gab es seltener, weil die Sonne seltener schien. Ein Tag war völlig verregnet und wir haben ihn zu Großteilen frierend und lesend im Bett verbracht. Das war dann auch der Tag an dem Götz seine Arbeit an Falks Album wieder aufnahm, jedoch eben nicht sonderlich lange, weil es eben geregnet hat und daher kein Strom vorhanden war, um den Rechner aufladen. Alles in allem war es ein sehr gemütlicher Tag.


An unserem vorletzten Tag hatte der Regen dann von Dauerregen auf Teilzeitregen umgestellt und gemeinsam mit unseren französischen Bungalownachbarn haben wir eine Wanderung zum südöstlichsten Punkt der Insel unternommen, Port Resolution. Wir wurden zwar regelmäßig vollgeregnet und waren immer wieder klitschnass, aber sobald die Sonne rauskam gings ratzfatz und alle waren wieder trocken. Der Aufbruch zum Port hat sich auch wirklich gelohnt. Nach knapp 4 Stunden waren wir da, hatten einen wunderschönen Weg hinter uns gebracht und haben sogar frische Mangos gefunden, die wir dann abends als Nachtisch verspeist haben und die ganz köstlich und süß schmeckten. Port Resolution war dann supersüß. Götz und ich sind uns einig dass es das schönste Dorf war, das wir in Vanuatu besucht haben. Überall Hütten mit wunderschönen Strohdächern, es war sehr liebreizend errichtet worden, lag direkt an einem rauhen Küstenabschnitt und bot sogar so etwas wie Dorfplätze. Die Pflanzen die dort wuchsen waren auch wunderhübsch, sehr bunt und sehr kurvig geformt. Leider vergessen zu fotografieren, sorry. Aber der Hunger trieb uns mittlerweile und wir mussten uns in erster Linie mit dem Problem der Nahrungsaufnahme beschäftigen. Aber Götz hat dafür ja bekannterweise den siebten Sinn und bald fanden wir das kleine Restaurant von Leah. Die Franzosen mussten noch in die Fluten hüpfen, also stellten wir uns Leah vor und bestellten schonmal ein Mittagessen für vier Personen, lustigerweise auf französisch, das war in diesem Dorf wohl früher die Amtssprache. Wir hatten nur eine knappe Stunde Zeit, da wir dann mit einem Minibus zum Vulkan fahren wollten, und leider brauchte Leah eine knappe Stunde zum Kochen. Es wurde dann also doch noch alles etwas hektisch! Denn was Leah uns da plötzlich auftischte grenzte an ein Festmahl! Tellerweise Wurzeln, Kohl, gebackene Bananen, Salat, Omlette, Breadfruit, Reis... Götz, hab ich was vergessen? Ja! Süßkartoffeln, Laplap, Gurken und ein unaussprechliches Gemüse (wir googlen nochmal). Zum Nachtisch gab es frische Bananen. Wieso künstlich rumzaubern, wenn das geilste Dessert auf dem Baum im Garten wächst!? Im Gegensatz zu Europa, wo nur eine einzige Bananensorte erhältlich ist, haben wir in Vanuatu glaube ich ungefähr vier verschiedene Bananensorten probiert (und die, die wir in Europa kriegen war natürlich nicht dabei, weil sie ja hier nicht wächst). Insgesamt isst man hier zwischen 7 und 10 unterschiedliche Bananensorten, je nachdem auf welcher Insel man sich gerade aufhält. Es ist interessant, weil ich eigentlich keine Bananen mag (nur Bananenchips). Aber hier liebe ich sie! Der Geschmack ist so intensiv, so anders im Gegensatz zu den Bananen, die ich bisher kannte, teilweise auch sehr süß, so dass ich nun bei aller Liebe nicht mehr sagen kann, keine Bananen zu mögen. Es hat mir wirklich außerordentlich gut geschmeckt.

Da wir wie gesagt in Eile waren, bat uns Leah die Bananen mitzunehmen, was wir gerne taten und gemeinsam mit ihnen ins Auto hüpften. Auf sehr abenteuerlicher Piste ging es zurück zum Vulkan. Wir kamen natürlich zu spät! Aber weil wir auf dem Hinweg nach Port Resolution schon Bescheid gesagt hatten, dass wir auf jeden Fall am Nachmittag zum Vulkanaufstieg wiederkommen wollen, haben die letzten Autos netterweise auf uns gewartet. Also Zack Zack zum nächsten Abenteuer.


Wetterbedingt war dieser zweite Vulkanbesuch, der es für uns war, wirklich abenteuerlich. Im Gegensatz zum ersten Mal konnten wir viel weiter den Krater aufsteigen. Von dem Punkt aus hatten wir eine sehr spektakuläre Sicht auf das Innenleben Yasurs und konnten den Vulkan noch einmal von einer ganz anderen Seite betrachten. Da es die beiden letzten Tage so stark geregnet hatte, dampfte der Vulkan wahnsinnig stark und machte Geräusche, die an das Schnauben und Fauchen eines Löwen erinnerten. Aber es war so spektakulär. Die Naturgewalt war so deutlich zu spüren und wir hatten das Gefühl dass der Berg auch aktiver war als bei unserem ersten Besuch. Leider Gottes war das Wetter wieder fürchterlich. Kaum waren wir oben kams wieder runter. Es regnete in Strömen und war sehr stürmisch. Wir haben uns also den Arsch abgefroren da oben. Der Wind hat zwischendurch auch so gedreht, dass wir zwar im dichten Schwefelsmog standen, aber immerhin etwas warm wurden, haha. Danke Mutter Erde.

Sobald man jedoch sieht was der Vulkan da so für Spielchen treibt, hat man eigentlich sowohl die Kälte als auch die Nässe wieder vergessen. Diesem Spektakel beizuwohnen war einfach phänomenal.

Alles in allem bestimmt die Natur das Leben auf Tanna. Die Tage werden durch das Wetter gezeichnet und Tag und Nacht von Sonnenauf- und untergang begrenzt. Wir sind kein einziges Mal später als 20:30 Uhr im Bett gewesen und jeden Morgen um 6 aufgestanden. Freiwillig! Gemeinsam mit Mikes Familie haben wir auf dem Gelände gelebt, das er gleich unterhalb seines Dorfes gebaut hat. Morgens gab es Instantcoffee mit Milchpulver und warmen Wasser aus dem Pott. Mike und seine Frau Lina haben vier Kinder und Mikes Schwester und sein Vater Sam halfen dabei, den Laden in Schuss zu halten. Mike plant momentan den Bau eines kleinen Bungalows mit Küche und Terasse und hat auch schon die ersten Vorkehrungen für den Bau eines Baumhauses getroffen, das im Banyan Tree gebaut wird, der in der Mitte des Geländes steht. Lina hat jeden Abend köstlich für uns gekocht. Es gab die lokalen Produkte, die Mike von den Märkten mitbrachte sowie die eigenen Hühner aus dem Garten.

Am letzten Tag luden uns Mike und Lina dazu ein, mit auf ein Schulfest ihrer Kinder zu kommen. Das Fest findet ein Mal im Jahr statt und dient der Motivation aller Schüler. Die Kinder und Eltern der ganzen Region kommen zusammen und die Lehrer verteilen Geschenke an ihre Schüler. Nebenher wird gepicknickt, gespielt, gequatscht und Musik gehört. Ein ganz normales Schulfest eben, aber hier ist das alles nochmal drei Klassen bunter und lebensfroher.


Mittags fuhren wir dann wieder mit Mike zum Flughafen zurück. Wir konnten uns gebührlich von der Insel verabschieden und alles noch einmal in uns aufsaugen.

Tja, was gibt es für ein Schlusswort, das man für Tanna finden könnte?

Ich würde sagen: Magisch.

Götz?

Magic.

Hahaha. Wir sind uns einig.


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