Tasmanien-Tagebuch, 1. Teil
Vor einigen Tagen erreichten wir Australiens südlichsten Bundesstaat, der sich gleichzeitig auf einer eigenen Insel befindet, knappe 240 Kilometer südöstlich des australischen Festlands: Tasmanien. Sobald man den Flieger verlässt betritt man ein grünes, fruchtbares Land! Man hat das Gefühl, dass man auf einem neuen Kontinent angekommen ist. Durch die Millionenjahrelange Isolation der Insel gibt es in Tasmanien, von den Australiern liebevoll Tassie genannt, eine ganz eigene Flore und Fauna. Grundsätzlich ist die Ähnlichkeit vor allem in der Tierwelt mit der Australiens zu vergleichen, aber hier leben noch Arten, die es auf dem Hauptkontinent nicht geschafft haben und ausgestorben sind, sei wegen der Menschen, der Umwelt oder des Wetters. Das berühmteste Tier, das nur noch hier auf der Welt existiert, ist der Tasmanische Teufel. Der sagenumwobene Tasmanische Tiger, der seit 1936 ausgestorben sein soll (was hier aber nicht alle Menschen glauben wollen), hat es zu annähernder Berühmtheit geschafft, ist nach wie vor ein beliebtes Postkartenmotiv und bietet hinreichend Stoff für Spekulationen über sein unbemerktes Überleben in bestimmten Inselteilen.
Dass Tasmanien etwas ganz besonderes ist, das wurde auch uns ziemlich schnell klar. Die erste Nacht verbrachten wir im verschlafenen Hobart. Trotz seiner knapp 218.000 Einwohner ist die Hauptstadt Tasmaniens sehr überschaubar und unschlagbar schön, wenn man sie vom nahegelegenen Mount Wellington aus betrachtet. Hier haben wir herrlich vietnamesisch gespeist und sind früh in das gemachte Bett unseres netten kleinen Hostels gehüpft. Am nächsten Morgen holten wir unseren Hippiebus ab und deckten uns mit Lebensmitteln und Wasser für die kommenden Tage ein. Götzi hat sich im Shoppinghimmel wiedergefunden, waren wir lebensmitteltechnisch schließlich noch jungfräulich. Außer Salz und Pfeffer musste alles her und das bedeutet: Supermarktmarathon und Bottleshop-Preisvergleich-Wanderung! ...Als es schließlich Abend war (haha), starteten wir in die Wildnis.
Das Wetter? Kalt, regnerisch, bäh! Ich hatte mir in Hobart extra noch ne dicke Jacke gekauft, Götz hat die Maßnahme schon in Südaustralien getroffen, wir wussten ja nunmal, was uns erwartete.
Im Vorhinein unserer Australienreise haben wir lange überlegt, welche Gegenden wir uns in der relativ kurzen Zeit alle anschauen wollen und sind ziemlich schnell zu dem Schluss gekommen, dass Tasmanien eine relativ große Rolle spielen soll. Wir haben zwei Wochen eingeplant, ganz am Ende der Australien-Reise, da es dann in Tassie frühsommerlich wird. Das kann aber auch heißen, dass noch Schnee fallen kann. Den haben wir zum Glück noch nicht erlebt, aber auf eine wechselhafte Wetterlage haben wir uns eingestellt.
Weil wir schon seit Ewigkeiten voller Vorfreude auf das Naturwunder hier waren, entschieden wir uns direkt zu Beginn zu einem der entlegensten Orte der Insel zu fahren, nach Lake Gordon, im Südosten der Insel, fernab jeglicher Zivilisation.
Kaum waren wir aus Hobart raus, da erstreckte sich vor uns eine Landschaft, die grün, üppig, feucht und voller Leben war. Aber leider auch voller toter Tiere. So eine Fülle von Roadkill haben wir bisher noch nicht erlebt. Aber je weniger überfahrene Viehcher wir sahen desto näher kamen wir unserem Ziel. Die Fahrt dauerte etwa drei Stunden und sie beeindruckte uns übermäßig. Auch wenn das Wetter nicht unbedingt das beste war, diese Welt, die sich hier auftat übertraf alles. Die Pflanzen, die hier wachsen, sind sehr speziell und vor allem durch ihre Dichte so eindrücklich. Und die Natur hier wechselt rasant ihr Gesicht Man fährt in wenigen Stunden durch mehrere Welten. Von lieblicher Heide, durch Weidelandschaften, kleine Dörfchen, schroffe Felsgebirge, Sandsteinberge, Seenplatten und Bergbauzentren. Teilweise schimmern die Berge silbern und kupfern und kurz vor uns fliegen die Papageien aus den Bäumen und begleiten unser Auto für einige Meter, wie Delfine die Boote im Meer
Auf dem letzten Bild kann man die "silbernen" Berge ein wenig erahnen.
Als wir dann schließlich an "unserem See" in Teds Beach ankamen, da waren wir dann wirklich alleine. Lake Peddar am Arsch der Welt wurde zum gänläufigen Begriff. Aber schön war er, der Arsch der Welt!
Am Ende der abgelegenen Straße gab es tatsächlich noch ein Restaurant, das wir aufsuchten und herrliche Fish and Chips aßen. Es gab sogar WiFi, wenn auch so furchtbar langsam, dass wir nach stundenlangen Versuchen unseren Holiday Pass für alle Naturparks zu besorgen, die Aktion auf wannauchimmer vertagten, denn zum Arsch der Welt kommt ja eh keiner.
Lake Gordon ist, wie wir erfuhren, ein künstlich angelegter Stausee. Der frühe Lake Gordon war um ein viiiielfaches kleiner als der heutige See. Das Stauseeprojekt war seitdem es aus der Schublade gezogen wurde umstritten. Wie bei vielen Stauseeprojekten bedeutete die Einrichtung eines so großen Sees eine enorme Veränderung für das ökologische System. Ein Artensterben war vorprogrammiert und einige Fische, die nur noch hier existierten, starben dann auch aus. Durch den Lake Gordon wurde 1972 in Tasmanien die erste ökologische Partei Australiens gegründet. Heutzutage gibt es immer noch einige radikale Restposten der ursprünglichen Gegenbewegung des Projektes, die den Rückbau des Sees fordern. Das wäre natürlich ein ebenso gewagtes Unterfangen, zumal der ursprüngliche See eine Größe von drei Quadratkilometer hatte und der heutige See 281 Quadratkilometer groß ist. Seine Speicherkapazität beläuft sich auf 12.444 Millionen Kubikmeter, zu denen noch knappe 3.300 Millionen vom Lake Peddar kommen. Damit ist dieser Stausee der größte Stausee Australiens und enthält 25 Mal so viel Wasser wie der Hafen von Sydney.