Zum Europatag
Liebes Europa, ich reise jetzt seit einem guten halben Jahr durch die Welt. Bald bin ich wieder zurück in Europa und ich möchte dir gerne sagen, wieso ich mich so sehr freue, dich wiederzusehen und wieso ich dich so vermisst habe. Ich habe es zum Beispiel nicht mehr auf dem Schirm gehabt, wie es ist, durch Länder und Bundesländer und benachbarte Staaten zu fahren und ständig in Polizei- oder Grenzkontrollen festzuhängen. So bequem, wie ich von Deutschland nach Italien fahren kann konnte ich nirgendwo reisen. Was für ein Geschenk ist die europäische Reisefreiheit über die Grenzen unserer Mitgliedsstaaten und innerhalb der europäischen Union. Wir können überall in Europa Urlaub machen, dort lernen, leben und arbeiten! Das ist so toll! Und jeder Europäer kann auch zu uns kommen. Als wir unsere Reise begonnen haben, da haben wir angefangen zu sagen: Ich bin Europäer! Wenn wir gefragt worden sind, woher wir kommen. Das kam aus dem sehr spontanen Impuls heraus, dass wir an jeder Grenze in mehrere Kameras schauen (nicht lachen) mussten, Fingerabdrücke gaben und Fragen beantworteten: Woher genau kommen Sie jetzt? Wo wollen Sie morgen übernachten? Wieso möchten Sie ausgerechnet hier in unser Land einreisen und wie lange bleiben Sie? Haben Sie ein Ticket zur Hand, das Sie aus unserem Land wieder rausbringen wird? Wie schön, dass wir in Europa überall da sein dürfen, wo wir sein wollen. Danke, Europa, dass du so für unsere Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit stehst. Und wie schön ist es, keine Probleme wegen unterschiedlichen Zahlungsmitteln zu haben. Wie geil dass es den Euro gibt und dass er eine so stabile Währung ist. Ach und im gleichen Atemzug muss ich sagen: super dass das jetzt auch so geil mit dem Telefonieren im europäischen Ausland geht, ein Hoch aufs Roaming. Unser Europa fördert die Demokratie und ein gemeinsames Regieren, trotz vieler unterschiedlicher Ansätze. Die EU ist der Garant für den Frieden und die Überwindung von Grenzen, das hat sie gezeigt. Und ich denke das ist das Wichtigste und ich habe das Gefühl, dass das Viele grad vergessen: Danke, dass wir schon so lange Frieden in Europa haben. Wenn wir die europäische Idee weiterdenken und mitgestalten, dann heißt das auch in Zukunft: Frieden! und keinen Krieg! Dann heiß es europäisches Miteinander und keine Angst vor den Nachbarn, kein Misstrauen, sondern Zusammenhalt, so wie in den letzten 60 Jahren. Wie viele tausend Jahre vorher hat es ständig Krieg auf unserem Kontinent gegeben? Jetzt haben sich vor 60 Jahren endlich Feinde nachhaltig die Hand geschüttelt, Frieden gelobt und diese einzigartige Einigkeit geschaffen. Auf einem Kontinent, auf dem die Idee der Demokratie entstanden ist, ist Demokratie gewachsen. Für unsere Generation ist Europa zum Alltag geworden. Und ich will ehrlich gesagt auch keinen anderen Alltag erleben. Wir leben und lieben, studieren und arbeiten, zahlen und kaufen, produzieren und handeln, reisen und vergnügen uns überall in Europa. Wir haben eine Vernetzungskultur in allen möglichen Bereichen aufgebaut, die unvergleichbar ist und uns stehen alle Türen offen. Wir erleben seit Jahrzehnten ein Zusammenwachsen unterschiedlichster Kulturen. Wir leben die Vielfalt und wir profitieren davon! Ich habe neulich in Amerika ein Schild eines Restaurants fotografiert: Berlin - German Döner! Der Döner gehört zu Deutschland, Freunde! Ja! Das tut er wirklich und ich wusste es schon immer. Und gerade als in Berlin lebend möchte ich sagen, ich liebe unsere kulturelle Vielfalt so sehr, denn sie macht unser Zusammenleben einzigartig. Das Miteinander, das wir leben dürfen führt zu unserem einzigartigen Lebensstil in Europa. Denn, by the way, auf die Antwort „wir sind Europäer“ wurden neugierige Nachfragen gestellt, die uns erkennen ließen, dass unser Europa noch immer ein Sehnsuchtsort ist. Denn wir Europäer leben in einer freien Gesellschaft, in einer offenen Gesellschaft, in einer demokratischen Gesellschaft. Auch hier habe ich die Befürchtung, dass das in letzter Zeit auch oft vergessen wird. Wieso eigentlich? Was wollen diese Leute denn eigentlich? Plötzlich würden wir uns innerhalb von Grenzzäunen widerfinden, wenn es nach den ganzen komischen Antieuropäern gehen würde. Wir müssten unter ständigem Kontrollzwang leben. In Angst und in anerzogener Feindseligkeit. Die Gutmütigkeit würde diesen Leuten nach verschwinden, der verkrampfte Blick auf das eigene Wohl würde Wege zerstören und den Horizont hinter dem eigenen Tellerrand abstürzen lassen, anstatt ihn aufzuzeigen und damit ein gemeinschaftliches Zusammenarbeiten ruinieren, was naturgemäß zu einem viel besseren Ergebnis führen würde. Plötzlich wären wieder Dinge wichtig wie Name, Beruf der Eltern und Herkunft. Plötzlich gäbe es zahlreiche Beschränkungen von Rechten, aber dafür zahlreiche Regeln und Pflichten mehr. Was darf ich eigentlich noch und was darf ich nicht mehr? Diese Fragen stünden auf der Tagesordnung. Diese Leute, die plötzlich gegen die EU schreien und gegen Einwanderung stimmen, die nicht wollen, dass Menschen, die auf der Flucht sind und in Europa Schutz finden dürfen, die wollen dass wir mehr überwacht werden, dass wir, die wir in Deutschland wohnen, auch in Deutschland bleiben und arbeiten, diese Leute wollen, dass unsere Freiheit mit Füßen getreten wird. Sie verachten unsere Freiheit! Nach diesen Leuten gäbe es keinen freien Bildungsaustausch mehr in Europa, nach diesen Leuten würden wir alle am liebsten unsere Nachbarn beobachten und verpfeiffen, wenn sie sich gegen irgendwelche absurden Normen oder deutsche Werte stellen würden. Wenn es nach diesen Leuten ginge, dann wäre es bald vorbei mit dem europäischen Versprechen: Nie wieder Rassismus, nie wieder Antisemitismus. Das kann ich nicht verstehen und das will ich nicht akzeptieren. Liebe Leute, als Reisender in der außereuropäischen Welt kann ich nur eines festhalten: Europa ist geil und Europa ist und bleibt die Zukunft. Wir leben Vielfalt und einen liberalen Lebensstil. Bei uns kann jeder sein was er ist, selbst ihr dämlichen Hassprediger habt doch euren Platz. Denn bei uns geht es offen zu. Europa ist die geilste Nation, in dem die geilsten und die unterschiedlichsten Völker miteinandern wohnen. Wir halten unsere Kultur und unser Andenken gemeinsam aufrecht und bauen gleichzeitig die Fundamente für ein zukünftiges Andenken. Und wohl wissend, dass wir das tun, können wir als Europäer darauf irgendwann stolz einschlafen. Ja, das ist jetzt auch irgendwie patriotistisch. Aber Europapatriotistisch. Denn es gibt einfach auf der Welt nichts besseres als den Frieden. Und den Frieden können wir nur gemeinsam erhalten.