Dschungel, Ur-, Nebel- und Regenwälder
In Costa Rica ist gefühlt die Hälfte der gesamten Fläche des Landes geschütztes Terrain. Sowohl die Strände, als auch die Wälder, Vulkane und sonstige Gebiete sind naturbelassen und zu großen Teilen aktiv durch Naturreservate geschützt. Umweltschutz wird in Costa Rica sehr groß geschrieben und es ist uns als das von allen bereisten Ländern mit großem Abstand fortschrittlichste Land in dieser Hinsicht vorgekommen. An Costa Rica können sich wirklich viele Länder, auch Deutschland, ein Beispiel nehmen.
Die Costa Ricaner lieben und feiern nicht nur ihre Natur, sondern sie leben gleichsam bis in den letzten Winkel des Landes das Prinzip der Nachhaltigkeit. Es gibt kein Kaff, in dem nicht der Müll getrennt und kompostiert wird. Die Produkte in den Supermärkten kommen aus der Region und der Strom aus der Solarzelle. Pura Vida - das Lebenskonzept gilt auch hier. Das Land hat eine absolute Vorreiterrolle in der Entwicklung von Erneuerbaren Energien und kann sich jährlich fast hundertprozentig mit Ökostrom versorgen. Auch was Recycling angeht waren wir total überzeugt. In vielen Naturreservaten sind beispielsweise Geländer, Bänke und Wege aus recycelten Plastikflaschen gebaut. Die Tourismusbranche versucht in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle zu übernehmen und jeder Park sucht nach eigenen Methoden. Die Aktivitäten sind dabei immer nachhaltig im Sinne der Natur und die Gelder, die der Tourismus bringt, gehen direkt in die Naturprojekte oder in die Forschung zurück.
Nachdem Götz und ich uns vom Meer gelöst hatten, haben wir uns einen 4x4 gemietet und haben das Innere des Landes erkundet. In zwei Wochen sind wir von einem Naturpark in den nächsten gereist, um die Vielfalt der costa-ricanischen Wälder kennenzulernen.
Fast überall herrschen tropische Temperaturen. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und auch nachts kühlt es kaum ab. Nur in der Mitte des Landes oder auf den Bergen, herrscht ein anderes Klima. Um Monte Verde herum befindet sich der größte Nebelwald der Erde und dort ist es naturgemäß viel kälter als im Rest des Landes. Es ist nebelig, feucht, kalt, windig und ungemütlich. Als wir diesen Park besuchten, mussten wir uns warm anziehen und vermissten in unserer Hütte einen Kamin. Da die Wettervorhersage für Costa Rica leider auch so gut wie nie stimmt, entschieden wir uns auf Gut Glück für unseren zweiten Tag in Monte Verde für den Nationalpark und erkundeten am Tag vorher, der schlecht angesagt aber überaus schön wurde, das Gelände auf eigene Faust. Als wir dann in den Park wollten, regnete es natürlich in Strömen und klarte nur gelegentlich auf.
Der Nebelwald in Monte Verde zeichnet sich durch die größten Artenvielfalt aus, die man in Nebelwäldern auf unserem Planeten so kennt. Forscher aus aller Welt kommen hierher und sind regelrecht erstaunt bei dem, was sie hier vorfinden. Ein Beispiel: Auf einem einzigen Baum wuchsen insgesamt über 40 verschiedene Orchideenarten. Wenn man das auf alle Pflanzen, die auf diesem Baum wachsen, hochrechnet, ist das ein unglaubliches Pflanzenuniversum auf einem sehr definierten kleinen Raum. Doch wir erfuhren bald, dass sich hier ebenfalls der Ort in in Costa Rica befindet, der am meisten unter den klimatischen Veränderungen leidet und somit immer mehr Arten verliert. Am ehesten sind die Pflanzen betroffen, die die Luftfeuchtigkeit brauchen wie die Luft zum atmen. Aus nahezu 100 % Regentagen im Jahr vor noch ca. 20 Jahren, sind es heute nur noch ein knappes Drittel so viele. Der Verlust dieser Lebensvoraussetzung führt jedoch nicht nur zum Verschwinden der Pflanzen sondern auch zum Verschwinden der Tiere.
Täglich verliert der Park Arten, die es zum Teil nur noch hier gibt. Sie sind für immer verschwunden. Vor allem der Reichtum an Vögeln muss hier wie ein Schatz geschützt werden, denn es gibt sie nur noch hier... Aber so rasant wie sich alles ändert, ist man in gewisser Hinsicht auch machtlos, wie in so vielen anderen Teilen unserer Welt...
Im Nebelwald haben wir uns einen Führer genommen, der uns viel über Wald erklärte. Dank ihm und seinem Fernglas hatten wir darüber hinaus die einzigartige Möglichkeit, seltene Vögel zu sehen und zu beobachten. Es war Brutzeit und wir hatten somit Glück, dass im Wald ein reges Treiben herrschte. Viele kleine Vögelchen waren schon geschlüpft und daher suchten die Eltern fleißig nach Nahrung und kamen immer wieder in die Nester zurück, die unser Guide natürlich kannte. So harrten wir an manchen Orten für Minuten aus und hatten schließlich Erfolg. Was für Traumkreaturen in ihrer natürlichen Pracht wir beobachten konnten! Manchmal waren sie so weit weg, damit unfotografierbar, aber wir haben es genießen können, sie zu beobachten und ihnen zuzusehen. Die Tour mit einem Guide zu machen ist außerordentlich lohnenswert (das haben wir auch in anderen Parks festgestellt) und dringend weiter zu empfehlen, falls mal Jemand nach Costa Rica fahren möchte. Abgesehen davon war es spektakulär was unser Guide uns über Parasiten erklärt hat und was wir in dieser Hinsicht für ein Naturkino erlebt haben. Leider haben wir zu meiner großen Traurigkeit keine Katzen gesehen, aber ehrlich gesagt war das auch vorher schon klar!
Auf diesem Foto kann man zum Beispiel folgendes Szenario beobachten: Ein Parasit hat sich ein Käferweibchen geschnappt, die Macht über das Tier ergriffen, indem er sich ins Gehirn gefressen hat, und dafür gesorgt, dass das Tier noch ein männchenanlockendes Sekret aussondert, bevor es stirbt. Dieses Sekret erfüllt seinen Zweck und wir beobachten auf diesem Bild, dass es seine Wirkung nicht verfehlt: Das gelbe Käfermännchen ist soeben gelandet und tappt munter in die Falle.
Monte Verde war auf unserer Reise die letzte Etappe in Costa Rica.
Vorher haben wir uns entlang der Küste ins Landesinnere entlang gearbeitet und mehrere Dschungeltouren unternommen. Mir persönlich gefällt der Dschungel am Allerbesten. Das Leben ist so bunt, so laut und gleichzeitig unvergleichbar grausam. Was sich Pflanzen und Tiere zum Überlebenskampf ausdenken ist im wahrsten Sinne des Wortes Phantastisch. Auf die gesamte Reise zurückblickend halte ich das mittlerweile für mich fest: Sowohl des Dschungels als auch des Klimas willen. Der Dschungel lebt und es ist bezaubernd, ihn zu durchforsten. Von den ganz magischen Momenten, die ich erlebt habe, gibt es leider keine Fotos. Aber sie werden immer in meinem Herzen bleiben, und wenn dann mal wieder so ein Tukan neben einem auf dem Baum landet oder eine Gruppe Aras über unsere Köpfe hinweg fliegt, dann schaut man einfach lieber hin und genießt den Moment. Auch Götz hat im Dschungel seinen persönlichen Traum, endlich im Leben ein Faultier zu sehen, erfüllt bekommen. Und ja, wir waren erstaunt wiiiieee langsam sie sind! Ein einziges Faultier haben wir tatsächlich in dem seltenen Moment einer Bewegung beobachtet und wir konnten es wirklich nicht fassen in welcher Langsamkeit es sich von einem Ast auf den anderen Ast geschwungen hat.
Da ist es :)
Oft sah man dann aber auch nur diese Teile der Faultiere:
Ach ja, die sind schon echt putzig. Was haben wir gejubelt, als wir zum ersten Mal ein Faultier gesehen haben!
Mein persönlicher absoluter Lieblingsnationalpark befand sich auf der Halbinsel Nicoya, wo wir die ersten vier Wochen verbracht haben. Dieser Teil des Landes ist komplett einsam. Ich bin für Stunden alleine im Dschungel unterwegs gewesen und die Wanderung war toll! Man ist einmal quer durch den Park gewandert und an einem einsamen Strand rausgekommen - ein perfekter Ort für die Rast. Denn bei der Luftfeuchtigkeit schwitzt man wie ein Schwein. Am Strand weht dann eine kleine Brise, man kann sich mal ausziehen und seine Sachen trocknen lassen. Ich habe einfach nur den Ausblick genossen und dabei zwei Liter Wasser getrunken.
Abgesehen davon habe ich nirgendwo sonst einen solchen Lärm von den Tieren wahrgenommen, wie hier! Das war ein Konzert, ich sag's euch! Die Affen haben gebrüllt, die Vögel gesungen! Und wie, ganze Symphonien haben sie gezwitschert. Die Spechte haben fleißig in die Bäume gehämmert und ihren Takt zu diesem wundervollen Konzert beigetragen. Ich ärgere mich bis heute dass ich das nicht aufgenommen habe!
Naja, ich werde zumindest den Eindruck niemals wieder vergessen, diese Vielfalt an Stimmen und Geräuschen erlebt zu haben.
Festhalten konnte ich dafür aber zahlreiche Äffchen. Ich habe so viele Affenfotos gemacht, dass ich mich gar nicht entscheiden kann, welche ich hier zeigen soll. Ich kann aber sehr glücklich feststellen, dass sich mein Affenbild (das bisher sehr südafrikanisch geprägt war) im Verlauf unserer Reise verändert hat. Sowohl in Süd- als auch in Mittelamerika sind wir immer wieder auf Affen gestoßen und ich bin regelrecht hingerissen. So süß, so niedlich, so elegante Kletterer und so aktive, soziale und auch so faule Wesen.
Das letzte Bild ist in unserem Garten in Montezuma aufgenommen worden.
In Corcovado, das liegt ganz im Süden des Landes, gab es noch ein weiteres Naturreservat, das wir sehr toll gefunden haben. Der geschützte Bereich liegt auf einer Halbinsel und man wird dann morgens um sieben Uhr an dem Strand abgeholt, an dem man genächtigt hat, und mit dem Speedboot zur Halbinsel gebracht. Das ist schon ein Abenteuer, denn der Wellengang ist rau und man benötigt eineinhalb Stunden bis zum Ziel. Wir hatten also eine turbulente Fahrt, die in der Zeit, in der hier auch noch die Wale sind, wirklich atemberaubend sein muss. Bei uns gab es dafür einen wunderschönen Sonnenaufgang über der Bucht und zumindest ein paar Schildkröten im Wasser. Auch für diesen Park hatten wir uns einen Guide organisiert, der schon einige Forschungsprjekte in diesem Wald hatte und mehrfach für einige Wochen hier lebte. Er kannte die Gegend also wie seine Westentasche und hat uns knappe fünf Stunden lang alles mögliche gezeigt und erklärt. Hier haben wir auch zum 1. Mal einen Tapir gesehen!
Ich war mir gar nicht so bewusst darüber dass die so groß sind! Auch hier haben wir einen seltenen Moment erwischt, denn normalerweise bewegen sich auch die Tapire nicht sonderlich häufig, sondern sehen eher so aus:
Götz war völlig verzückt, als er erfuhr, dass sich die Tapire manchmal bis zu zwei Wochen nicht von der Stelle bewegen. Sie liegen da einfach rum, faulenzen, schlafen und erheben sich nur zum futtern oder zum Liebesakt. Bei uns traf der zweite Fall zu :)
Unser Führer bot uns zur Eile, denn er sagte, wenn es zur Sache ginge, dann wollen wir nicht dabei sein...! Nungut, schade oder? Denn was man nicht weiß... Ich muss mir nach meiner Heimkehr unbedingt eine Tierdoku über Tapire besorgen. Vielleicht hat David Attenborough ja was dazu gemacht. Schlimmer als bei den Tasmanischen Teufeln kann es ja nicht zu gehen.
Jetzt kommen noch ein paar Fotos, aus unseren zwei Wochen Streifzug durch die Nationalparks und die verschiedenen Wälder dieses schönen Landes.