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Zhehjiang

  • apahlenberg
  • 30. Mai 2018
  • 7 Min. Lesezeit

Nachdem wir zwei Tage in Shanghai verbracht haben, in denen wir hauptsächlich herum gelaufen sind, haben wir uns Freitagmorgen mit Lea getroffen, um uns auf einen kleinen Wochenendausflug zu begeben. Da unsere Reichweite aufgrund des Transitvisums nicht sonderlich groß war, fuhren wir mit dem Zug in die südöstlich gelegene Provinz Zhehjiang. Auf dem Weg dorthin machten wir Halt in einer riesigen Messestadt, deren Namen ich gerade vergessen habe (wird nachgetragen)... Ich glaube wir brauchten eine knappe Stunde mit dem Schnellzug. Die Gegend war fürchterlich trist und hässlich. Alles im Speckgürtel von Shanghai ist Industrie und landschaftlich völlig unspektakulär. Die Stunde im Zug verbrachten wir mit Kartenspielen.

Als wir ankamen kümmerten wir uns erstmal um unsere Zugtickets nach Zhehjiang. Am Morgen waren wir nämlich viel zu spät dran gewesen (also Götz und ich waren zu spät dran gewesen) und Lea hat uns mit einer Meisterleistung der Vordrängelkunst an sämtlichen kilometerlangen Schlangen vorbei buxiert und in einem gefühlten 5km Hindernislauf durch den größten Bahnhof Shanghais sicher zu unserem Zug gebracht. Aber keine Minute zu früh! War das ein Krimi! In China kann man nämlich zwar alles mit dem Handy regeln, aber die Tickets müssen eben dann doch noch am Schalter abgeholt werden. Also wollten wir nicht wieder riskieren, am Abend in eine lange Schlange zu geraten und holten gleich unsere Tickets nach der Ankunft ab. Wir hatten sehr großes Glück! Da wir natürlich sehr weit hinten standen, hatten wir uns auf eine gute Stunde Wartezeit eingestellt, als nach nur knapp 5 Minuten Wartezeit ein neuer Schalter öffnete und wir nett aussehenden Europäer gleich ganz nach vorne kommen durften :) Oh da haben wir uns gefreut!

Weil wir an diesem Morgen alle drei sehr früh losmussten und wir alle noch keinen Kaffee, aber dafür für die Zeit VOR dem ersten Kaffee schon ganz schön viel erlebt hatten, kam es uns gerade recht dass es an diesem Bahnhof neben einem winzigen Shop noch einen KFC gab. Wir dachten, da kriegen wir schnell nen Kaffee! Ich glaube für Götz und mich war das der erste Mit-dem-Kopf-gegen-die-Wand-gerannt-Moment in China, den wir in den nächsten beiden Tagen aber noch öfter bekommen sollten. Denn: Wir haben uns getäuscht und so einfach nen Kaffee bestellen geht nicht! Denn: Man muss erst ins WLAN, dann die KFC-App runterladen, dann den Barcode dieser Filiale scannen, dann warten bis das Menü auf dem Bildschirm erscheint, dann bestellen, wobei der sich der Bestellvorgang durch das Nachschlagen von Zeichen in die Länge zieht, dann eine Bestellbestätigung mit einer Nummer erhalten, dann mit Kreditkarte bezahlen, dann warten! Der erste menschliche Kontakt kam mit der Kaffeeausgabe. Wir waren völlig schockiert, aber Lea versicherte uns, dass das normal sei. Und ja, das war es auch. Ich weiß nicht genau wie wir das vorher geschafft haben, aber irgendwie sind wir immer aus Glück in die steinzeitlichen Restaurants gerannt, in denen man noch miteinander spricht. Aber normal ist das nicht mehr in China. Bargeld existiert nicht mehr, das haben wir ja schon bemerkt, es wird mit dem Handy gezahlt. Sogar die Bettler auf der Straße werden mit dem Handy bezahlt. Aber es wird einfach darüber hinaus auch alles andere mit dem Handy und mit WeChat gemacht. Essen bestellt, Essen eingekauft, Taxi, Bus, Bahn, Zug, alles eben bestellt, gekauft, bezahlt. Immerhin kann man noch manche Sachen abholen! Oder mit dem jeweiligen Personal sprechen, wenn die App nicht funktioniert!

Schließlich waren wir ausgesprochen glücklich, als der Kaffee kam. Aber wir hatten das Erlebnis erstmal zu verdauen. Ganz schön spacy, das alles.

Umso schöner war das Gefühl in dem kleinen Shop nebenan, in dem wir eigentlich nur Wasser kaufen wollten, WOLTERS Bier gefunden zu haben! Es hat uns so überrascht dass wir gleich alle Flaschen, die es gab, gekauft haben! Wie schnell die Welt doch wieder in Ordnung sein kann.

Ach und weil wir schonmal dabei waren, das Biersortiment zu fotografieren (vor allem für unsere Freunde von Braunschweig Pension), habe ich auch gleich mal ein paar typisch chinesische Snacks vor die Linse geholt.

Nach unserem Einkauf machten wir uns dann endlich auf den Weg in die Messehallen, in denen wir den gesamten Nachmittag verbrachten.

Man muss sich vorstellen, dass hierher wirklich alles kommt. Bzw. alles ausgestellt wird. Einfach alles.

Es folgt eine Auswahl an Produkten. Es geht los mit deutscher Qualitätsware.

Hier kommt der Orient:

Hier kommen sehr hässliche religiöse Figuren. Es gab auch schöne geschnitzte Holzheilige, Jesus, Krippenzubehör und so weiter... Aber die habe ich nicht fotografiert, zu viel Respekt vor dem Original!

Alles made in China. Hier meine Lieblingsabteilung, die Weihnachtsdeko:

Dieses Foto habe ich extra für meine Freundin Nadine geschossen:

Auch gut waren sämtliche touristischen Mitbringsel, die man auf der ganzen Welt überall findet. Jetzt wissen wir, woher sie kommen. Hier exemplarisch an Flachmännern demonstriert:

Erstaunlicherweise gab es auch eine chinesische Abteilung!

Ach, ich hab hier unendlich viele Fotos gemacht... Der Nachmittag hat mich schwer getroffen muss ich sagen. Eine wirklich sehr schöne Messehalle war allerdings die Gartenabteilung. Leider hat die schon zugemacht (genauso wie die Spielabteilung leider), als wir kamen, daher sind wir nur noch durchgerannt und haben noch die Stände angeschaut, die noch geöffnet hatten. Ein paar innovative Sachen haben wir aber schon gefunden an dem Tag, vor allem in der Abteilung der Küchengeräte. Da konnten wir aber nichts mitnehmen, weil keine Einzelstücke verkauft wurden. Götz und ich haben uns dann aber wieder einen Solarcharger zugelegt, weil ich ja zu Beginn unserer Reise den unsrigen auf dem Hippiebusdach in Tasmanien liegen gelassen habe. Wow, was für ein Kontrastprogramm im Kopf. Hier an Tasmanien zu denken.

Nachdem die Messe ihre Pforten geschlossen hatte, gingen wir in ein ziemlich cooles Restaurant, in dem es eine riesengroße Auswahl an frischen Zutaten gab, die man sich selbst zusammenstellen konnte. Die Preise hier sind übrigens voll in Ordnung.

Am frühen Abend setzten wir uns dann wieder in den Zug und fuhren weiter.

Als wir zwei Stündchen später in der Nachbarprovinz ankamen war es schon dunkel und ehrlich gesagt ganz schön frisch! Es regnete und Lea rief uns mit ihrem Handy ein Taxi. Der Taxifahrer hatte es faustdick hinter den Ohren und versuchte uns ohne Taxiuhr übers Ohr zu hauen. Aber nicht mit Lea :)

Nach einer knappen halben Stunde waren wir am Ziel. Wir hatten uns ein nettes kleines Apartment in Huzhou gemietet, das auf einem kleinen Hof lag und sich in der Nähe des Nationalparks Moganshan befand, den wir am Wochenende erkunden wollten. Wir wurden von der Schwester unserer Gastgeberin und ihrer Mutter empfangen und uns wurde alles mögliche gezeigt und erklärt. Da Lea als einzige mit den beiden Frauen sprechen konnte, wurde wie wild auf sie eingeredet. Ich glaube, dass die Damen einen etwas merkwürdigen Akzent hatten, so dass Lea manchmal auch verunsichert war und nicht so genau wusste, was von uns verlangt wurde! Einmal hat die stets besorgte und bemühte Oma ihren Schwiegersohn angerufen, der mitten in einem Meeting saß und dabei beruhigenderweise ebensowenig verstand, was die ältere Lady von ihm wollte.

Traurigerweise war das süße kleine Apartment (das Linke) relativ insekten- und vor allem spinnenverseucht, so dass es leider ein Ding der Unmöglichkeit war, dass Lea dort nächtigen konnte. Hilfe, was nun. Es war mitten in der Nacht und wir auf dem Ländle gefangen. Glücklicherweise gab es diesen Nationalpark um die Ecke, der als Touristenattraktion gilt und daher ein wenig zur Infrastruktur in der Region beisteuert. Wir fanden relativ schnell in fußläufiger Entfernung ein Sporthostel und machten uns bald nochmal auf den Weg, verliefen uns, wie es sich gehört, und fanden schließlich diese bezaubernde Unterkunft! Ein Spielplatz für Erwachsene! Megacool! Und die Leute waren so nett! Folglich blieben wir auch noch ein paar Stunden hier, tranken ein paar Bier und spielten das Spiel The Game, bei dem keiner verlieren kann! Außerdem saß am Poolrand neben der Terrasse ein Froschpärchen, das uns bisweilen mit den lustigsten, aber auch erschreckendsten Tonvariationen erheiterte.

Um 12 Uhr war Nachtruhe angesagt. Götz und ich verabschiedeten uns von allen und machten uns auf den Rückweg. Natürlich mussten wir jetzt noch ein Wolters trinken und all unseren Braunschweiger Freunden Selfies schicken, die auch alle prompt kommentiert wurden!

Am nächsten Morgen, es war der Samstag, schiffte es!

Was für ein Mist!

Wir trafen uns mit Lea zum Frühstücken und schmiedeten Pläne. Es gab eigentlich keine Aussicht auf besseres Wetter. Der Wetterbericht schrieb die nächsten fünf Tage Regen. Ohman und wie lange hatten wir schon diesen Ausflug geplant. Etwas anderes als Ersatzplan kam leider auch nicht in Frage. Also entschieden wir uns folgendes zu tun: Nationalpark! Komme was wolle. Und am Sonntag eben wieder in die Stadt zurück. Wir organisierten uns einen Fahrer, der uns zum Park bringen sollte, um dort mobil zu sein. Pustekuchen! Der Fahrer chauffierte uns durch den gesamten Park! Glücklicherweise konnten wir aber an manchen Stellen doch aussteigen und ein bisschen rumlaufen. Eigentlich war es auf den oberflächlichen Blick ganz nett, mit dem ganzen Nebel. Es hatte was Verwunschenes. Doch die Sicht, die in diesem Park das Besondere darstellt, war leider nicht vorhanden und die Schönheit daher nur bedingt spürbar. Es gab ein paar alte Ruinen, verfallene Villen, in die sich die vor allem westliche Oberschicht aus Shanghai seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Entdeckung dieses Gebietes, in den Sommermonaten zurückzog. Der Drang nach sauberer Luft war offensichtlich schon lange gegeben. Nach 1949 wurden manche Villen noch als Ferienwohnungen von den Offizieren der Volksbefreiungsarmee in Beschlag genommen, aber die meisten verwahrlosten. Es gibt zwei kleine Museen, die etwas zu dieser Geschichte beisteuern. Heute ist Moganshan in erster Linie ein verwunschener Ort bei Shanghai, der viele Touristen anzieht.

Mit uns waren dementsprechend trotz des Regens ein ganzes Heer an Reisebussen da.

Vor dem Parkeingang hatte sich tatsächlich ein Stau gebildet und mitten im Wald standen Kameras! Wir waren wieder relativ schockiert. Auf dem Weg hierher wurden wir schon mit dem Auto alle paar Kilometer von Kameras fotografiert, wahrscheinlich mit Gesichtserkennung und allem drum und dran. Aber im Wald? Irgendwann ist doch mal Schluss, liebes China! Nein, nicht in China! Der Staat weiß, wo du bist!

(Und außerdem postet es auch jeder Chinese gefühlt jede Minute selbst mit seinem Handy.)

Die Busse, die ihre Reisegruppen in den Park brachten, hatten ihre Strecke, die sie wohl immer abfuhren, und die Touristengruppen schwärmten an den vorgesehenen Stellen aus, machten Selfies, Videos und Fotos und kehrten zum Bus zurück. Es war ein Gedränge und Gewusel, es gab tausende Schirme und noch mehr Handys. Wir fanden das unschön.

Götz und ich erklärten uns diesen Andrang aufgrund der Nähe zu Shanghai, aber Lea erklärte uns, dass das überall in China so sei. Das ist ganz schön schade und ich bin mir nicht mehr ganz so sicher, ob ich da den Rest des Landes noch sehen will. Dennoch kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, dass es wirklich überall so ist. Was Lea aber auch sagte, und das stellten wir hier ebenfalls schnell fest: Verlässt man die Haupttouristenwege, dann ist man auch ganz schnell alleine. Wir fanden also ein paar ruhige Wege und den Park dann auch wirklich schön.

Am meisten hat mir der Bambuswald gefallen. Bei schönem Wetter kann man hier zahlreiche Wanderungen machen. Da hatten wir uns wirklich schon drauf gefreut. Aber so war das leider unmöglich, wir waren schon nach unseren kurzen Touren total durchnässt.



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